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8
Im neunten Jahrhundert von den slawischen
Pomorzen gegründet, war Danzig im dreizehnten Jahrhundert mit 10.000
Einwohnern schon fast eine Großstadt. Die Herzöge Pommerellens
holten Menschen aus dem Westen, und zwar vorwiegend aus deutschen Landen,
zum Aufbau von Wirtschaft und Hafen. Zur Christianisierung wurden sowohl
deutsche Zisterzienser als auch polnische Dominikaner ins Land gerufen.
1410 ist Danzig endlich den militärisch
organisierten Ritterorden los und verbindet sich mit Polen, dessen König
Jagiello
es die Treue schwört. Seitdem schwebt über den zwei Kreuzen des
Danziger Wappens die polnische Krone. Dann, nach einigen Kriegswirren
zwischen Polen, Preußen und dem Ritterorden, wird Danzig 1457 endgültig,
das heißt für 300 Jahre, eine unabhängige Stadtrepublik innerhalb
des polnischen Königreiches. Während der Reformation und Gegenreformation (cuius regio, eius religio)
gelang es ihr, beim polnischen König die Religionsfreiheit durchzusetzen.
Mit der dritten polnischen Teilung hörte die zeitweilige Großmacht
Polen auf zu existieren, und Danzig wurde 1793 durch Preußen erobert.
Damit war es aus mit den Vorzügen einer Stadtrepublik und seiner Bürger.
Viele Intellektuelle, wie zum Beispiel Johanna Schopenhauer
mit Sohn Arthur und auch Kaufleute verließen fast fluchtartig die Stadt.
Danzig blieb nun ein Teil dieses Staates, mit dem kurzen Zwischenspiel von
1807 bis 1813, als Napoleon es unter dem Jubel der Bevölkerung befreite
und es wieder zur Stadtrepublik erhob. Danach jedoch wurde Danzig nun als
Hauptstadt Westpreußens eine ganz normale Stadt in diesem Staat. Seine
Bedeutung ging sehr zurück und erst nach der Reichsgründung 1871
wurde die Stadt erneut ein wirtschaftlich bedeutender Handelsplatz, ohne
aber je wieder die alte Größe zu erreichen. Hier lohnt es sich wieder einmal meine Mutter zu zitieren: 'Die Polen hatten es nie aufgegeben, Danzig in ihren Besitz zu bekommen. Sie versuchten ihre Machtbefugnisse, sei es auf kulturellem, sei es auf wirtschaftlichem Gebiet stets zu erweitern. Es ist ihnen damals nicht gelungen. Das polnische Abitur wurde nicht anerkannt, galt nicht als Zulassung zur Danziger technische Hochschule. Es gelang ihnen auch nicht, das Theater in ihren Besitz zu bekommen oder Einfluß auf den Spielplan zu gewinnen. Das Deutschtum wurde in Danzig aufs Höchste gepflegt. Kongresse wurden nach Danzig gelegt, deutsche Künstler, Gastspiele, Konzerte kamen in den Freistaat und das Reich unterstützte diese Bemühungen. Jeder Danziger sorgte in seinem Bekannten- und Freundeskreis dafür, so viele Menschen als möglich zu Ferien in den Freistaat einzuladen.' Das Nationalgefühl der Polen war zu jener Zeit, nach einem Vierteljahrtausend völliger Unterdrückung, wohl noch stärker entwickelt, als das deutsche. Hatten die Danziger 1919, damals noch als Teil Deutschlands, mit 41% links (Sozialdemokraten und Kommunisten), und nur zu 37% rechts (Deutschnationale und nationale Splitterparteien), gewählt, so war es bei der ersten Wahl zum Danziger Volkstag umgekehrt. Die Rechte gewann fast 50%, die Linke nur ungefähr 33%. Das Zentrum mit seinen 15% spielte, wie übrigens auch im deutschen Reichstag, bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme stets die Kraft, ohne die man keine Regierung bilden konnte. So gehörten dem Danziger Senat immer Mitglieder des Zentrums an. Selbst bei den Volkstagswahlen 1933, bei denen die Nazis bereits fast 60% der Stimmen bekamen und damit das ganze rechte Parteispektrum aufgesogen hatten, blieb das Zentrum mit über 10% immer noch die drittstärkste Partei. Doch da war mein Vater schon aus der Regierung ausgeschieden. Praktisch hatten die Nazis bei der Volkstagswahl am 28. Mai 1933 die Regierung übernommen. Der neue Senatspräsident war Hermann Rauschning. Dem Senat gehörten damals noch drei Zentrumssenatoren an, von denen einer ursprünglich Wierschinski-Keiser, dann nur noch Wiers-Keiser und schließlich, als er - von einem Gespräch mit dem Führer tief beeindruckt - zur NSDAP übertrat, nur noch Keiser hieß. So einfach trennte man sich damals von der slawischen Herkunft. Der Parteiwechsel kostete ihn die Freundschaft vieler seiner Glaubens- und Parteifreunde, lediglich meine Mutter hatte da Schwierigkeiten. Er war nämlich ein 'schöner Mann', und einem schönen Mann konnte meine Mutter vieles verzeihen. |
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