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Ich mußte nun erst einmal in den Danziger
Arbeitsdienst, der sich vom Reichsarbeitsdienst in nichts unterschied. Obwohl wegen
guter körperlicher Konstitution dem Dienst und den Wehrübungen gut
gewachsen, erschien mir die Sache zu stumpfsinnig. Unsere Arbeitstätigkeit
bestand vor allem darin, Birken anzuzapfen und aus ihnen das Harz zu sammeln.
Also simulierte ich eine Blasenentzündung und ein uns bekannter Urologe
bestätigte freundlich den Befund, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß
möglicherweise mit Rentenansprüchen gerechnet werden müßte.
So konnte ich mich im Juni 1939 als Student der Germanistik an der Technischen
Hochschule Danzig-Langfuhr inskribieren.
Indessen hatte mich jedoch meine Vergangenheit
auf etwas unheimliche, ja bedrohliche Weise eingeholt. Als Student gehörte
man praktisch automatisch dem 'Nationalsozialistischen Studentenbund' an.
Damit endete natürlich meine Mitgliedschaft bei der Hitlerjugend.
Also ging ich zur Gebietsführung, um mich ordnungsgemäß abzumelden.
Dort wurde mir mitgeteilt, daß ich nie der HJ angehört hätte.
Mein Hinweis auf die Mitgliedschaft bei der Rundfunkspielschar wurde einfach
nicht zur Kenntnis genommen. Ich brauche mich nicht zu bemühen, ich
sei nie in der HJ gewesen und damit Schluß der Debatte. Zum ersten
Mal spürte ich den kalten Hauch der Diktatur, die bestimmt, was wahr
ist und was nicht. Die Nazis hatten mich ins Visier genommen, Obergebietsführer
Schramm mich keineswegs vergessen. Die Zeit der frechen Aufsätze war
vorbei. Lag es vielleicht auch daran, daß ich mich, wie die meisten
Kommilitonen auch, schon einen Monat später freiwillig zur deutschen
Wehrmacht meldete? Sicher kaum, denn daß die Wehrmacht
ein relativ sicherer Hort gegen Verfolgungen der geheimen Staatspolizei
war, kann ich damals noch nicht gewußt haben.
Danzig gehörte zu Deutschland, so
dachten wir alle, gleich welcher Partei. Der Mythos des Vaterlandes steckte
tief in uns, für sein Vaterland hatte man zu kämpfen, ohne Rücksicht
darauf, welche Regierung gerade herrschte. Die tiefste Demütigung,
die der Versailler Vertrag dem deutschen Volk als Gesamtheit zugefügt
hatte, war die Abtretung Westpreußens, Posens und großer Teile
Oberschlesiens an Polen. Das haben alle so empfunden.
Daß es zum Krieg kommen würde,
war eigentlich seit der Aufkündigung des Deutsch-Englischen Flottenabkommens
und des Deutsch-Polnischen Nicht-Angriffs-Paktes vom 27. April 1939
jedem klar, der nur einigermaßen politisch denken konnte. So erschien
die Aufstellung eines Danziger Regiments Juli 1939 als konsequent und keiner
wunderte sich eigentlich darüber. Auch war die Annäherung zwischen
Deutschland und Rußland von dem Augenblick an durchsichtig, als Hitler
aufhörte, auf den Bolschewismus zu schimpfen. Als es dann, unser Regiment
lag schon abmarschbereit im Jeschkentaler Wald, zum Deutsch-Russischen Freundschaftsvertrag
kam, waren die Würfel gefallen. Damals sangen wir nach der Melodie eines
Schlagers von Paul Lincke:
'Ham Se' schon ein Hitlerbild,
ham Se' schon ein Hitlerbild,
nein, nein ich hab noch keins,
Molotow besorgt mir eins'.
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