Renate Bonow, Juni 1998
Das ist doch immer so! Zu einfach? Zu platt ? Mag sein. Aber für mich ist es befreiend, mir klarzumachen, dass es nicht die Willkür eines Chefs, einer Planungspruppe oder eines Ministeriums ist, die die Veränderung von Schule und damit auch meiner Arbeit verlangt, sondern dass sich gesamtgesellschaftliche Entwicklungen vollziehen, die bis in jede Schule, in jedes Klassenzimmer wirken.
Befreiend ist es deshalb, weil Veränderung immer auch Verunsicherung bedeutet, Ängste auslöst und Abwehr. Diese Abwehr richtet man dann leicht gegen die, die diese Veränderung fordern. Sie sind schließlich "Schuld" daran, dass es unbequem wird. Tatsächlich wird es unbequem, weil unsere Arbeit in hohem Maß öffentlich ist - entgegen dem unter KollegInnen weitverbreiteten stark individualistischen Selbstverständnis. Es wird unbequem, weil Schule als die wichtigste gesellschaftliche Sozialisationsinstanz mit den widerstreitenden Anforderungen aus allen gesellschaftlichen Gruppen konfrontiert ist.
Wenn ich das so annehme, kann ich anfangen darüber nachzudenken, welche Veränderungen sich in der Gesellschaft vollziehen, wie diese auf meine Arbeit wirken und welche Konsequenzen ich daraus ziehen will.