RingCon I
Weil die sich Ginsburg als so gut geeignet erwiesen hatte, wenn auch nur für rund 70 Spieler, planten wir für dort einen zweiten, kleineren Con, diesmal ohne Zelte.
Während der Planung ergab sich, daß die GFR-Leitung, vertreten durch den Vorsitzenden Ernst Teppler, uns inzwischen als suspekt betrachtete teils, weil wir für 1993 noch keine Abrechnung vorgelegt hatten und dabei die umsatzstärkste AG der GFR waren, teils, weil man Liverollenspiel aufgrund mancher Presseberichte für eine gefährliche Sache hielt, die zu Verletzungen führen konnte. Zwar hatte es auf unseren Cons außer blauen Flecken und einem Bienenstich bislang noch keine Verletzungen gegeben, aber Ernst sprach sich in der Mitgliederversammlung vom 22.1.94 offen gegen uns aus und bewegte die würfelnde Masse der Tischrollenspieler zu der Entscheidung, die AG erst einmal einzufrieren und den Beschluß um mehrere Monate zu vertagen.
Ganz toll. Das war nur drei Monate vor dem längst geplanten LRS VI. Die Enladungen waren schon abgeschickt und die Spieler freuten sich auf eine Fortsetzung. Wir konnten uns einen Stop nicht leisten. Uns blieb nur übrig, uns noch vor der offiziellen Entscheidung höflich aus der GFR zu verabschieden und allein weiterzumachen.
Aber wir waren nicht allein. Zusammen mit so manchen zuverlässigen Teilnehmern gründeten wir den Ring der Abenteurer e.V. und nannten das LRS VI nun RingCon I. Fertig.
Was sich hier so einfach anhört, ist natürlich das Ergebnis von langen Besprechungen, langwierigen Besprechungen der Vereinsatzung und viel Papierkram mit dem Amtsgericht... und das alles kurz vor dem Con. Aber immerhin hatten wir ja schon den Plot.
Diesmal sollte weniger Kampf als vielmehr eine vielschichtige Handlung, eine düstere Atmosphäre (eine Spur gothic) und der Bezug zum Land im Vordergrund stehen - man merkt meinen Einfluß bei diesem Con. Inhaltlich möchte ich hier aus Rücksicht auf die momentanen Kirson-Veranstalter nicht alles offenlegen, was sich dann abgespielt hat. Wer´s weiß, der weiß es, und wer´s nicht genau weiß, der möchte es vielleicht noch selbst herausfinden.
RingCon I:
Als logische Fortsetzung der gewonnen Schlacht begab sich der
König von Etraklin, Skander II. - glänzend gespielt von Dirk
Worm, zwielichtig adjutiert von seinem Hofmagier (Dierck Jonen),
heimlich beraten von seinem Hochkommissar (mir) - nach Kirson, um
den wackeren Kämpen für ihre Dienste zu danken. Obendrein und
als Überraschung gab er seine Heirat mit einer Dame aus der
DeLeomi-Familie bekannt, welche von einem mitgebrachten Priester
geschlossen werden sollte. Die bisher unbekannte Frau
(dargestellt von Ariane Schwuchow) war mit einem ganzen Gefolge
an ein wenig düster aussehenden Kämpfern angereist. Aber man
dachte sich nichts Böses dabei - schließlich braucht eine
künftige Königin viele Leibwachen.
Der König zeigte sich derweil leutselig und eine Spur neben derselben, kurz: man merkte, daß er nicht allzuviel Ahnung von seinem Volk hatte, aber immerhin guten Willens war. Nachdem die Helden sein Bild vom Land während den Audienzen ein wenig korrigiert hatten, ging es in allgemeinem Einvernehmen auf die Hochzeit zu. Das Einvernehmen dauerte jedoch nicht lange, denn einige Charaktere hatten Zweifel an der Aufrichtigkeit der fremden Gefolgschaft und der Person der Verlobten sowie ihrer Verwandten im Besonderen.
Das ging so weit, daß sich schließlich alle Etrakliner Recken vor dem großen Saal versammelten, den König eindringlich beschworen, die Hochzeit zu unterlassen oder zumindest auf den nächsten Tag zu verschieben. Skander war erst verwundert, dann ratlos ob der Einmischung in sein Privatleben, zuletzt empört. Um ihn zu besänftigen und mit List umzustimmen, bot der Verlauste Haufen, der sich schon ruhmreich bei der Schlacht um Kirson hervorgetan hatte, ihm Bad und Massage und Gesang an.
Das ließ sich der König nicht zweimal sagen und zog sich mit ihnen zurück, um sich königlich zu amüsieren. Die kleine Vorstellung für den König war so gut, daß wir fast den Plot geändert hätten, aber Dirk entschloß sich, die offerierten Möglichkeiten außer acht zu lassen.
So fand noch in der gleichen Nacht die Hochzeit statt. Der König ging mit der frischgetrauten Königin ins Turmgemach und ward nicht mehr gesehen. Über seinen Verbleib gibt es allerlei Gerüchte. Einige sagen, seine junge Frau habe ihn wohl überfordert, und er sei einem Herzinfarkt erlegen. Dabei zählte er kaum 30 Jahre. Andere verbreiteten andere Gerüchte. Daß er noch in der gleichen Nacht heimlich die Burg verlassen habe, ist lange Zeit von königstreuen Anhängern als zutreffend bezeichnet worden, bis sich viel später in Cardis durch den Mund eines Priesters offenbart hat, daß er tatsächlich inzwischen verstorben sei.
Wie dem auch sei, die arge Nachricht führte am nächsten Morgen zu gleichermaßen argen Kämpfen, bei denen das Gefolge der Königin obsiegte und die ehemaligen Helden die Flucht antreten mußten. Auch in anderen Ländern führen Hochzeiten, wie man so hört, öfters zu gewalttätigen Ausschreitungen und dem Erscheinen von Gestalten, denen man lieber nicht begegnen möchte. Trotz all dieser Geschehnisse sind in den Mittellanden Hochzeiten noch erlaubt.
Das war also insgesamt auch wieder ein sehr spannungsreicher und atmosphärischer Con. Er bildete die Grundlage für die Grafschaft Kirson.
Nicht nur weil es im übrigen auch kaum geregnet hatte, waren die Spieler voll des Lobes und verlangten nach einem möglichst kurzfristigen neuen Con. Allein, wir hatten keinen. Die Arbeit mit Kirson II hatte uns sehr beansprucht, und wir hatten auch erfahren, daß die Ginsburg nicht mehr zur Verfügung stand. Das ist bis heute so. Leute seien abseits des Weges (!) im Wald umhergelaufen (!!) und hätten Krach gemacht, war die Begründung. Ach.
Als Folge der Ereignisse um den König wurde ein Rat gebildet, der sie Staatsgeschäfte übernahm. Er setzte sich aus ehemaligen königlichen Beratern (Ministern) und den Vertretern der Provinzen zusammen:
Das war ein stabiles Konzept, welches die Regierung weniger angreifbar machte, viele Plotmöglichkeiten bot und den besonderen Vorteil hatte, praxiserprobt zu sein. Bei genauerem Hinsehen hatte man nämlich einen bundesstaatlichen Aufbau mit Ländervertretern, Justizminister, Finanzminister, Innenminister und ein Ministerium für Schule und Kultur - für irgendwas mußten meine Studienanteile in Staatsrecht ja gut sein. Aber der Aufbau sollte eigentlich nur ein Konzept bleiben. Ich hatte nicht vor, die Posten tatsächlich zu besetzen. Sie kamen mir viel zu mächtig vor. Als Anhänger der klassischen Abenteurerfantasy fand ich es auch unwahrscheinlich, daß die Charaktere öfter Kontakt mit solch hohen Herrschaften hatten.
(Die spätere Entwicklung verlief anders. Im RDA fanden sich ab 1995 genug Leute, welche jene NSC-Rollen darstellen wollten, was auch erstmalig zu einer inhaltlichen Erweiterung des Landes, an welcher ich nicht mehr beteiligt sein mußte, beitrug. Aber ich möchte nicht vorgreifen.)
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