Jan Dismas Zelenka (1679 - 1745)
Der im böhmischen Launowitz (Lounovice) geborene Komponist Jan Dismas Zelenka lebte von 1679 bis 1745 und war von 1710 bis zu seinem Tode Kontrabassist und Kirchenkomponist an der Dresdner Hofkapelle. Aus seiner vorangegangenen Prager Zeit wissen wir leider sehr wenig, vor allem fehlen - mit wenigen Ausnahmen - musikalische Quellen. In relativ fortgeschrittenem Lebensalter betrieb Zelenka in den Jahren 1716-1719 Studien bei Johann Joseph Fux in Wien, und von 1722 an komponierte er regelmäßig Werke für den katholischen Hofgottesdienst in Dresden; 1735 erhielt er nach langem Drängen den Titel eines "Kirchen-Compositeurs". Im Zentrum seines Schaffens stehen die Messen (ungefähr zwanzig an der Zahl), deren erste vor 1712 (ihre Wurzeln reichen vielleicht noch in die Prager Zeit zurück) und deren letzte 1741 entstanden ist. In den Messen ist Zelenkas Kompositionskunst in allen Stadien ihrer Entwicklung dokumentiert. In den 1720er Jahren spielt die Komposition von Vesperpsalmen und Magnificat eine große Rolle; danach tritt dieser Bereich des Schaffens zurück. Dies hat weniger mit seinen Neigungen als mit der Entwicklung des Dresdner Hoflebens zu tun. Seit den frühen 1720er Jahren hatte Zelenka den kränkelnden Kapellmeister Johann David Heinichen vertreten; nach dessen Tod 1729 übernahm er die kirchenmusikalischen Aufgaben insgesamt, ohne jedoch den Kapellmeistertitel zu erhalten. Nachfolger Heinichens als Kapellmeister wurde vielmehr Anfang der 1730er Jahre der vor allem als Opernkomponist hochberühmte Johann Adolf Hasse. Bei den Karwochenresponsorien handelt es sich um die musikalisch zentralen Teile der je drei Nokturnen in den Matutin-Gottesdiensten des Stundengebets (Offizium) der drei Kartage Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Sie folgen als kontemplative Gesänge auf die Lesungen der Nokturnen. Zelenka hält sich bei der Gliederung der Kompositionen genau an die Struktur der Texte. Auf den Rahmentext (Tutti) folgt der solistische Versus, daran schließt sich als Repetenda der Schluß des Rahmentextes (wieder Tutti) an, bei jedem dritten Responsorium folgt als zweite Repetenda nochmals der gesamte Rahmentext. Jan Dismas Zelenkas dreimal neun Responsorien für das Triduum der Karwoche (Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag) entstanden 1723. Zelenka war damals bereits 44 Jahre alt, und doch gehören die Responsorien in die Anfangszeit seines Schaffens für den katholischen Gottesdienst. Sie besitzen die Ursprünglichkeit des Anfangs, sind aber zugleich Werke der künstlerischen Reife, die sich nicht allein in der Beherrschung des Handwerks erweist. Die Responsorien geben Zeugnis von einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit den Problemen musikalischer Gestaltung überhaupt. Nach Zelenkas Tod hat der berühmte Geiger Johann Georg Pisendel, ebenfalls Mitglied der Dresdner Hofkapelle, eine komplette Abschrift der Responsorien anfertigen lassen. Er schreibt dazu an Telemann: "Dreßden den 16. ten Aprilis 1749. Zelenkas Lamentationen im Wechsel mit den Responsorien aufzuführen, ist musikalisch stilistisch von besonderem Reiz. Sind die Responsorien in einem strengen motettisch imitatorischen und expressiv homophonen a-cappella-Satz geschrieben (mit Generalbaß und colla-parte-Violen und -Posaunen), geben sich die Lamentationen modern. Am ehesten könnte man sie als durchkomponierte Solokantaten bezeichnen, in denen ariose, rezitativische (secco und accompagnato) sowie konzertant imitatorische Abschnitte einander unmittelbar folgen. Diese sowohl geschmeidige als auch höchst abwechslungsreiche Art des Durchkomponierens ermöglicht zunächst einen zügigen und intensiven Vortrag der Klagelieder des Propheten Jeremias. (Die reine Aufführungsdauer der sechs Stücke beträgt insgesamt etwa 70 Minuten.) Darüber hinaus aber läßt sie die verschiedenen Textqualitäten und Textteile wie Kapitelüberschriften ("Incipit Lamentatio ..." u.ä.), textgliedernde hebräische Buchstaben ("Aleph", "Beth" etc.), erzählende Partien, bildhafte Darstellungen, affekthafte Ausbrüche und den jede der Lamentationen beschließenden Aufruf zur Umkehr ("Jerusalem, convertere ...") in ihrem spezifischen Eigengewicht erscheinen. |