zurück

Ohne auf dieser Erde bemerkt worden zu sein ...

"Ohne auf dieser Erde bemerkt worden zu sein, werde ich schließlich dahingelebt haben wie Millionen Unbekannter, die wieder entschwunden sind, als wären sie nie gewesen."

Ein Alptraum, aus dem Honoré de Balzac nur einen Ausweg weiß: er muß Literaturgeschichte schreiben, so wie sein großer Landsmann Napoleon Weltgeschichte schrieb.

Den hat er als Kind mit eigenen Augen gesehen. Und ist zeitlebens Royalist geblieben, trotz sozialkritischer Gesinnung. Aber wie bedeutend muss ein Werk sein, um den Olymp zu stürmen? Wie groß sein Ruhm, um in der Nachwelt nicht zu verhallen? Mit an besessenem Eifer schreibt er gegen die eigene Nichtigkeit an, ringt Nacht für Nacht seiner Phantasie eine schöpferische Ordnung ab. Im mittelalterlichen Gewand spiegelt er die Zeitlosigkeit menschlicher Torheit wider - "Tolldrastische Geschichten", die aus der Distanz betrachtet nicht nur geistreich, sondern auch urkomisch sind.

Honoré de Balzacs Hauptwerk aber ist ein gesellschaftliches Destillat aus über 2000 Figuren, mit dem er Dantes "Göttlicher Komödie" ein menschliches Pendant entgegensetzt. Ein Sittenbild des prallen Lebens, das ihn als Kenner aller Gesellschaftsschichten ausweist, von der Gosse bis zur Aristokratie. In die hofft er dank seiner Berühmtheit aufgenommen zu werden. Ein vielbelächelter Wunsch. Weiß doch jeder, wie hoch verschuldet er seit dem Bankrott eines von ihm gegründeten Verlages ist:

"Geld kann aufbauen und zerstören, Geld verbindet alles, Geld ist die Kraft, welche die Gesellschaft schafft."

Eine unbarmherzige Gesellschaft, die ihre Dichter Fortsetzungsromane fürs Feuilleton schreiben lässt. Über 40 Romane in nur 5 Jahren bringt er unter dieser geistigen Knechtschaft zu Papier. Aufrechtgehalten einzig von der Hoffnung, sich mit jeder Zeile dem Durchbruch ein Stück entgegenzuschreiben. Und von 50 Tassen Kaffee täglich:

"Wenn man von ihm getrunken hat, kommt alles in Bewegung. Wie die Bataillone der großen Armee auf dem Schlachtfeld setzen sich die Gedanken in Marsch, und die Schlacht kann stattfinden".

Eine Schlacht, die Balzac am Ende verlieren muss. Finanziell und gesundheitlich ruiniert stirbt er mit nur 51 Jahren. Zwar lässt die Nachwelt ihm endlich den Ruhm zuteil werden, um den er so hart kämpfen musste. Schade nur, dass er die Früchte seiner Arbeit selbst nicht mehr genießen konnte.

Marion Skalski

zurück