Biotechnologie in Deutschland

Verspäteter Boom

Die deutschen Biotechnologieunternehmen arbeiten in den sogenannten "Bioregios" eng mit den Universitäten und den Forschungsinstituten zusammen. Rahmeninformationen zur staatlichen Förderung der deutschen Biotechnologiebranche.

Andre G. Nadler

Der beginnende Boom der Biotechnologie setzte in Deutschland wie in den meisetn anderen europäischen Ländern mit der bemerkenswerten Ausnahme des vereinigten Königreiches mit jahrelanger Verspätung ein. Bis weit in die neunziger Jahre hinein konzentrierten sich die Europäer auf die Stärkung der klassischen Industrien und schienen auch diese Entwicklung ähnlich wie die Revolution in der Coputerbranche zu verschlafen. Die letzten fünf Jahre sind als die eigentlichen Aufbruchsjahre der Biotechnologie zu bezeichen, sie brachten auch einen grundlegenden Imagewandel in der Öffentlichkeit. So verbindet man mit Biotechnologie heute eine Zukunftsbranche, und nicht mehr Zukunftsängste wie noch vor einiger Zeit. Man kann davon ausgehen, das in ernstzunehmenden Medien das Thema differenziert behandelt wird, sogar positiv behandelt wird.

Als Zeichen des Aufbruchs in der deutschen Biotechnologie wird vielfach der Bioregio-Wettbewerb 1996 angesehen. 17 deutsche Regionen bewarben sich um die Auszeichnung "Modellregion", die mit Fördergeldern aus Bonn belohnt wurde. Die von der Jury gekürten Sieger waren der Initiativkreis Biotechnologie München, die BioRegio Rheinland und die BioRegion Rhein-Neckar-Dreieck. Die Konzepte dieser Regionen sollten mit einer Förderung von jeweils 50 Millionen DM über einen Zeitraum von 5 Jahren hinweg intensiviert werden, die ausgewählten Regionen waren auch als Entwicklungsbeispiele für andere Gebiete gedacht. Inzwischen hat sich München zur inoffiziellen deutschen Biotechnologiehauptstadt herauskristallisiert.

Nach Angaben der IHK kommen zwei Drittel der in Deutschland auf biotechnologischen Weg produzierten Arzneimittel aus München, den 80 ansässigen Unternehmen steht etwa die Hälfte des in Deutschland in die Biotechnologie investierten Risikokapitals zur Verfügung. 70 Forschungsinstitute sorgen für einen ständigen spin-off. Derartige Zahlen können die anderen Biotechnologieschwerpunkte nicht vorweisen, doch scheint das proklamierte Ziel, mittelfristig die führende Nation in Europas Biotechnologie zu werden erreichbar. In einem Bereich hat Deutschland dieses Ziel bereits erreicht, mit 280 Unternehmen (Stand: Januar 2001) liegt die Bundesrepublik deutlich vor Großbritannien. Die Probleme der deutschen Biotechnologie sind kaum mehr in der Forschung zu suchen, die Firmen und Institute kooperieren nicht zuletzt dank der konsequenten Umsetzung der Bioregio-Konzepte ausgezeichnet. Hindernisse tun sich in der Ausnutzung von Marktchancen auf, noch immer ist die Kapitaldecke der meisten jungen Unternehmen viel zu dünn. Die einzelnen Bioregios bemühen sich um Abhilfe auf diesem Gebiet, so sind durch die Bioregion Rheinland bis Mitte 2000 246 Mio. Dm für Biotechnologieprojekte aufgebracht worden. Darüber hinaus unterstützen die Bioregios junge Unternehmen mit Gründerzentren und Partneringkonferenzen, auf denen Verhandlungen mit finanzstarken Partnern angeknüpft werden können.

Die staatliche Förderung junger Unternehmen wird auch nach dem Auslaufen des Bioregio-Förderungsprogrammes nicht auslaufen, ein neues, 100 Mio Mark schweres Programm "Biochance" ist bereits angelaufen und die ersten Unternehmen können mit Fördergeldern rechnen. Beispiele sind etwa:

- AbGen GmbH in München

- ATTO-TEC GmbH in Siegen

- FRIZ Biochem GmbH in Martinsried

Im Jahr 2001 sind 26,5 Millionen Mark für die Förderung dieser und anderer, ähnlich forschungsintensiver Jungunternehmen vorgesehen. Die Firmen können mit Geldern bis zur halben Höhe der Forschungsgelder rechnen. Trotz allem geht noch immer der bei weitem größte Teil der staatlichen Förderung in nicht wirtschaftliche Forschung. Insgesamt sind im neuen Biotechnologieprogramm bis 2003 1,85 Mrd. Mark für den gesamten Bereich vorgesehen, die Gelder für das Programm "Biochance" stellen nur einen Bruchteil des gesamten staatlichen Investitionsvolumen. Angesichts des hohen Kapitalbedarfs der Branche und der großen Zukunftsperspektiven erscheint die staatliche Förderung noch deutliches Verbesserungspotential zu haben.


   
18.02.2001