"...die anderen, das sind ja nur Araber!"

Der Konflikt im Nahen Osten entzündet sich immer wieder aufs Neue am Widerstreit der Opponenten. Wer die Verantwortung trägt, ist nie eindeutig zu beantworten. Den Medien kommt zumindest die Aufgabe zu, möglichst ausgewogen über den Konflikt zu berichten. Tun sie das? Aus palästinensischer Sicht nicht, meint Karim Benhamed


"Wieder einmal hat sich die Intifada beruhigt. Viele Tote, noch mehr Verletzte und einen Haufen Ruinen. Zumindest in der Darstellung deutschen Medien. Die Berichte in den deutschen Zeitungen werden immer kürzer und die Kommentare bleiben aus.

Auf einmal ein Aufschrei. Wieder einmal ein etwas größerer Artikel. Etwas Neues ist geschehen. Was mag das wohl sein? Ein israelischer Soldat wurde "ermordet". Am nächsten Tag wird ein Bus in die Luft gesprengt. Zwei tote Israelis und mehrere verletzte Kinder. Welch Unmenschen sind diese Araber! In beiden Artikeln wird am Ende ganz nebenbei noch kurz und bündig erklärt: Außerdem wurden heute wieder 4 Palästinenser erschossen. Ein 14- und ein 17jähriger, dazu noch zwei Erwachsene.

Aber wen interessiert das schon. Wesentlich wichtiger als das Leben vieler Araber ist das Leben eines deutschen Arztes, der bei einem Schusswechsel umkommt. Sofort erscheinen mehrspaltige Artikel in den Zeitungen. Doch dann erlischt das Interesse am Thema. Was versucht der Mann auch angeschossenen Palästinensern zu helfen: Er ist für seinen Tod selbst verantwortlich. Es kehrt wieder Normalität ein, das heißt: Die Palästinenser demonstrieren weiter. Die Israelis verteidigen sich weiter mit Panzern und Hubschraubern gegen die Übermacht der palästinensischen Steinschleudern.

Doch macht es keinen Sinn, darüber zu berichten,der Westen hat andere Probleme. Erst ein rethorisches Angebot bringt wieder Bewegung in die Sache, Barak steckt die Arme aus und fordert Arafat zum Frieden auf. Welch ein Friedensstifter! Dafür wird er gleich mit einem netten Artikel belohnt. Ganz nebenbei wieder: "Heute wurden in weiteren Auseinandersetzungen zwei Israelische Soldaten verletzt und 6 Palästinenser erschossen."

Betrachtet man die Berichterstattung in den deutschen Medien, und dazu auch noch französische (TV5) und englische (CNN, BBC) und vergleicht man sie mit der arabischen, so erhält man einen guten Überblick über die Situation. Und es ist immer wieder faszinierend, wie sich gerade die deutschen Nachrichten auf das Wesentliche beschränken. Unwichtiges wird nicht erwähnt oder nur am Rande. Stirbt ein Israeli, so wird seine Mutter befragt. Zeugen werden gesucht, und die Empörung ist groß. "Araber" sterben immer nur nebenbei, meist sind es sowieso nur Kinder. Was werfen sie auch mit Steinen. Sie sollten doch zu Hause bleiben, und schlafen. Das die Häuser auch bombardiert werden, oder einfach abgerissen werden, weil Palästinenser keine Genehmigungen erhalten, ist unwesentlich. Aber wen interessiert es?

Deutsche Medien jedenfalls nicht! Oder kann mir jemand sagen, ob es je einen Bericht über die 50 palästinensischen Jugendlichen gab, die in Deutschland behandelt werden sollen? Ich habe nichts von ihnen gehört! Sind sie eigentlich schon in Deutschland? Wären es verletzte Israelis gewesen, hätte man sie nicht schon in jeder Zeitung und jedem Fernsehsender erwähnt? Aber das wären ja auch israelische Juden, und die anderen, das sind ja nur Araber!"

   
3.Ausgabe_17.12.2000