Die Stegerwaldsiedlung war das erste große geschlossene Bauvorhaben der DEWOG (Deutsche Wohnungsbau Gesellschaft) und ist die frühste Großsiedlung Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie entstand im Zeitraum von 1951 bis 1956. Der Name der Siedlung geht zurück auf den christlichen Sozialpolitiker und Vorsitzenden der christlichen Gewerkschaft in der Weimarer Rebublik Adam Stegerwald. Die Siedlung wurde auf dem Gelände der ehemaligen Wagonfabrik van der Zypen errichtet.

Die Siedlung war angelegt für sogenannte "breite Bevölkerungsschichten". Viele Wohnungen waren sogenannte "Volkswohnungen", die von der Stadt Köln finanziert wurden. Zudem wurde sich auch direkt um eine ausgewogene soziale Struktur in der Siedlung gekümmert. So wurden auch Altenwohnungen, ein Altenwohnheim, Wohnheim für Ledige, eine evangelische und eine katholische Kirche, ein Kindergarten und ein Bürgerzentrum, welches später in ein Jugendzentrum umgewandelt wurde, errichtet.

Das "Plantschbecken" früher...
...und heute.

Die Mieten betrugen im Jahr 1956 zwischen 19 und 47 Euro monatlich. (das monatliche Durchschnittseinkommen lag damals zwischen 250 und 350 Euro.

Die Bevölgerung konnte die Besorgungen für den täglichen Bedarf innerhalb der Siedlung selber tätigen. Ebenso war auch die medizinische Versorgung mit sechs Ärzten gegeben. Zudem war die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sehr günstig.

Im Jahre 1993 wurde die Verwaltung der Stadt Köln damit beauftragt, für die Stegerwald-Siedlung in Köln-Mülheim eine sogenannte Erhaltungssatzung (Milieuschutz-Satzung) aufzustellen. Damit sollte die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung trotz möglicher Verdrängungstendenzen durch eine Aufwertung des rechtsreihnischen Kölns erhalten bleiben. Im Rahmen des Verfahrens für die Erhaltungssatzung wurde 1994 eine Bewohnerbefragung durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, das die emotionale und soziale Bindung an die Siedlung bei den Bewohner sehr stark ausgeprägt ist: 84 Prozent der befragten Bewohner gaben an, in ihren Wohnungen bleiben zu wollen, anstatt bei gleicher Miete woanders hinzuziehen. Dies läßt auf eine sehr hohe Wohnzufriedenheit und auch auf ein gutes Miteinander in der Siedlung schließen.

Die Ladenzeile am Eingang der Siedlung früher...
...und heute.

(Quelle: Werner Heinen / Anne-Marie Pfeffer; Stadspuren - Denkmäler in Köln, Bachem, Köln 1988
Kölner Statistische Nachrichten - Die Stegerwalödsiedlung in Köln-Mülheim, Köln 1995)

Adam Stegerwald

Dr. h. c. Adam Stegerwald

* 14. 12. 1874 in Greußenheim

+ 3. 12. 1945

Adam Stegerwald ist die große Gestalt in der Entwicklung der christlichen Arbeiterbewegung. Er hat unser Jahrhundert als christlicher Gewerkschaftsführer und Sozialpolitiker mitgeprägt.

Geboren am 14. Dezember 1874 in Greußenheim bei Würzburg als Sohn kleiner Landwirte, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach dem Abschluß der dörflichen Volksschule erlernte er das Schreinerhandwerk. 1893 trat er in den Kolpingverein ein, der ihm nach eigener Aussage "in starkem Maße Lebenswegweiser" wurde. Bald schon war er politisch für die Zentrumspartei und gewerkschaftlich im Münchner Verein "Arbeiterschutz" tätig. Seine Vorzüge, Tatkraft, Verantwortungsfreudigkeit und Organisationsgabe, ebneten ihm rasch den Aufstieg. 1899 übernahm er den Vorsitz des "Zentralverbandes Christlicher Holzarbeiter" und 1902 wurde er zum Generalsekretär der Christlichen Gewerkschaften gewählt.

So wurde Stegerwald in kurzer Zeit zu einem der profiliertesten Arbeiterführer im Kaiserreich. Seit 1903 führte er die Geschäfte des "Deutschen Arbeiterkongresses", eines Zusammenschlusses von christlichen Gewerkschaften. Ab 1908 amtierte er auch noch als Sekretär der Internationalen Konferenz der Christlichen Gewerkschaften.

Im Ersten Weltkrieg begann Stegerwald seinen politischen Aufstieg, der ihn 1917 zum ersten Arbeitervertreter im preußischen Herrenhaus werden ließ. Ihm gelang es, über den Zusammenbruch des Kaiserreiches hinweg die gewerkschaftliche und parteipolitische Kontinuität zu wahren. Am 20. November 1918 übernahm er den Vorsitz des "Deutsch-Demokratischen Gewerkschaftsbundes", ab 1919 "Deutscher Gewerkschaftsbund" (DGB), des Zusammenschlusses aller nichtsozialistischen Gewerkschaften.

In der Folgezeit kam Stegerwald in hohe politische Ämter: 1919 bis 1921 preußischer Wohlfahrtsminister, 1921 preußischer Ministerpräsident, 1923 Nominierung zum Reichskanzler, was er aber ablehnte. 1929 bis 1930 war er Reichsverkehrs-, 1930 bis 1932 Reichsarbeitsminister. Seine Grenzen mußte er erkennen, als er bei der Wahl zum Vorsitzenden der Zentrumspartei scheiterte.

Die politische Stemstunde Stegerwalds bildete seine Rede vom 21. November 1920 auf dem Kongreß der christlichen Gewerkschaften in Essen. Klar erkannte er die Wurzel des Übels, das das Parteienwesen in der Weimarer Republik lähmte: seine konfessionelle und politische Zersplitterung. Auch seine eigene Partei, das Zentrum, sah er, da es konfessionell gebunden war, als zu eng an. Deswegen vertrat er vehement die Notwendigkeit, eine neue Partei zu gründen, eine antisozialistische und überkonfessionelle Sammlung durchzuführen. Seine Losung lautete: "Deutsch, christlich, demokratisch, sozial". Diese Partei sollte eng mit der christlichen Arbeiterbewegung zusammenarbeiten, für die das Wort "christlich" nicht nur ein äußeres Merkmal, sondern "eine solche der Wirklichkeit und der Tat" sein sollte. Die Essener Rede stellt somit die eigentliche Geburtsstunde der christlich-sozialen Idee dar.

Nach der Machtübernahme Hitlers wurde Stegerwald, der ein konsequenter Gegner des Nationalsozialismus war, wie alle nicht-nationalsozialistischen Politiker "kaltgestellt" und lebte als Privatmann in Berlin. Als er 1943 ausgebombt wurde, kehrte er in seinen Heimatort Greußenheim zurück, wurde am 24. August 1944 von der Gestapo verhaftet, acht Wochen später aber wieder freigelassen.

Am 11. Mai 1945 ernannte ihn die amerikanische Militärregierung zum ersten Regierungspräsidenten von Unterfranken nach dem Krieg. Stegerwald blühte noch einmal auf, denn er sah die Chance, seine Idee von der Sammlung auf gewerkschaftlichem und politischem Gebiet zu verwirklichen. Er knüpfte an seine Essener Rede an und entwarf das Programm für eine neue christliche Partei auf überkonfessioneller Grundlage, das am 13. August 1945 für Würzburg Stadt und Land verkündet wurde. Diese Partei war die CSU. Mit ihr wollte er "auf der sittlichen und geistigen Grundlage des Christentums eine neue demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung aufbauen" und auf eine "grundlegende europäische Neuordnung hinsteuern". So erfüllte sich noch sein Lebenswunsch, der große parteiliche Zusammenschluß der Christen in einer Volkspartei, bevor er am 3. Dezember 1945 überraschend an einer Lungenentzündung starb.

In Aufstieg und Leistung des Arbeiterführers Adam Stegerwald spiegeln sich jene politischen, gesellschaftlichen und sozialen Wandlungen wider, die zur Mündigkeit und zum Standesbewußtsein der christlichen Arbeiterschaft geführt haben wie zur Anerkennung des hohen Stellenwertes der Sozialpolitik. "Politik ist kein Reich für Ideen und ideologische Auseinandersetzungen, sondern ein Kampffeld des praktischen Handelns und der Aktivität aus den Erkenntnissen". Das war seine Losung und das ist sein Erbe.

(Autor: Thomas Josef Möhler; Quelle: www.wuerzburg.de/asw/)